Des Wassermanns Weib
Es war in des Maien linden Glanz,
da hielten die Jungfern von Tübingen Tanz.
Sie tanzten und tanzten wohl allzumal
Um eine Linde im grünen Tal.
Da kam ein Jüngling in stolzem Kleid,
Sich wandte bald zu der schönsten Maid.
Er reichte die Hände da zum Tanz,
Er setzt ihr aufs Haar einen meergrünen Kranz.
"O Jüngling, warum ist so kalt in dein' Arm?"
"In Neckars Tiefen, da ist es nicht warm!"
"O Jüngling, warum ist so bleich deine Hand?"
"Ins Wasser nicht dringt der Sonne Brand!"
Er tanzt mit ihr von der Linde weit.
"Lass, Jüngling! Horch, die Mutter mir schreit!"
Er tanzt mit ihr den Neckar entlang.
"Lass, Jüngling! Weh! Mir wird so bang!"
Er packt sie fest um den schlanken Leib.
"Schöne Maid! Du bist des Wassermanns Weib."
Er tanzt mit ihr in die Wellen hinein.
"Ade, o Vater, o Mutter mein!"
Er führt sie hinein in kristallenen Saal.
"Ade, ihr Schwestern im grünen Tal!"